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Bulimie – Erscheinungsbild, Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten

Wie kann der Bulimie vorgebeugt werden?

 

 

 

 

 

 

Bulimie – Erscheinungsbild, Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten
(Verfasserin: Dipl.-Psychologin Katja, 23. Juni 2002)



Erscheinungsbild:

Die neueste Studie an der Uni Jena zeigt ein erschreckendes Ergebnis: fast jede dritte deutsche Schülerin leidet in irgendeiner Form unter latenten oder manifesten Essstörungen. Die Hauptursache dafür: Sorge um die Figur und das Gewicht.

Die Bulimie ist von den verschiedenen Formen von Essstörungen wohl die am weitesten verbreitete. Geschätzt werden allein in den alten Bundesländern 500.000 betroffene Frauen (im Vergleich dazu: 60.000 geschätzte Frauen mit Magersucht/Anorexie). Die Dunkelziffer dürfte weit darüber liegen.

Die Bulimie (im Fachjargon: Bulimia Nervosa) ist erst seit 1980, also seit 22 Jahren, als eigenständiges Krankheitsbild bekannt. Die Diagnosekriterien sind folgende:

           wiederholte Episoden von Fressanfällen, bei denen es innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zur
              Aufnahme einer großen Menge kalorienreicher Nahrung kommt (mindestens 2 Anfälle pro Woche,
              über 3 Monate hinweg)

     danach selbstinduziertes Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln und/oder Entwässerungstabletten,
  und/oder strenge Diät-/Fastenphasen und/oder übermäßige körperliche Betätigung zur Verhinderung einer
  Gewichtszunahme

    ständige (gedankliche) Beschäftigung mit Essen, Gewicht und Figur

    das Gefühl von Kontrollverlust über das Essverhalten

Das heißt also, dass nicht nur allein die Kombination aus Heißhungeranfällen und Erbrechen unter die Diagnose „Bulimie“ fällt, sondern dass es auch andere „Methoden“ gibt um eine Gewichtszunahme zu verhindern (Abführmittel, Sport).

Übrigens werden etwa 60% aller Magersüchtigen bulimisch.



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Körperliche Folgeschäden:

     Zahnschmelzschäden

     Risse in der Speiseröhre und der Magenwand

     Störungen im Elektrolyt-Haushalt (Kalium.- und Magnesiummangel)

     Nierenschäden

     Herzrhythmusstörungen

           Ausbleiben der Regelblutung

 

Neben den körperlichen Folgeschäden gibt es auch eine ganze Reihe von Begleiterscheinungen auf psychischer Ebene: da die Bulimie eine ganz besonders schambesetzte Essstörung ist (im Gegensatz zur Magersucht, die oftmals voller Stolz zur Schau getragen wird), bemühen sich die Betroffenen mit allen Mitteln und Tricks ihr Handeln zu vertuschen und zu verheimlichen. Dadurch kommt es oft zur Vernachlässigung von sozialen Kontakten und damit zur Isolation, was wiederum zu depressiven Verstimmungen führt. Dazu kommt ein starker Selbstwertverlust und oftmals zu finanziellen Schwierigkeiten durch den hohen Konsum von Nahrungsmitteln. Nicht selten sind auch Selbstverletzungen und Suizidgedanken. Durchschnittlich 7 Jahre dauert die Erkrankung; aufgrund ihrer hohen Beschämtheit, aber auch wegen der „Vorteile“ der Bulimie („ich kann so viel essen wie ich will ohne zuzunehmen“) kommen die Betroffenen oft erst sehr spät in Behandlung, wenn das Erbrechen bereits zur Routine in einem festgefahrenen Teufelskreis geworden ist.


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Ursachen:

Inzwischen wird in der wissenschaftlichen Literatur eine kaum mehr zu überblickende Anzahl an möglichen Ursachen erwähnt und erforscht. Diese sind sicherlich zum Großteil im gesellschaftlichen Bereich zu suchen, aber auch im sozialen Umfeld, in der persönlichen Lebensgeschichte der Betroffenen, bis hin zu neuesten Hinweisen auf erbliche Veranlagung.

Wichtig ist auf jeden Fall zu betonen, dass niemals nur ein einziger Auslöser/eine einzige Ursache ausschlaggebend für die Entstehung einer Bulimie sein kann, sondern dass es sich stets um ein komplexes Geflecht von interagierenden Faktoren handelt, welche die Entwicklung eines gestörten Essverhaltens bedingen können.

Deswegen soll hier nur eine Auswahl der meist auftretenden Mit-Auslöser genannt werden:

     das Schlankheitsideal in unserer Gesellschaft

     die veränderte Rollenerwartung an die Frau von heute: Karriere und Familie sollen unter einen Hut
  gebracht und beide möglichst erfolgreich gemanagt werden

     Mangel an Selbstwertgefühl, hohe Selbstunsicherheit

     Mangel an innerer Wahrnehmungsfähigkeit, z.B. Hunger- und Sättigungsgefühl

     Tendenz zur Vermeidung von Konflikten, starkes Harmoniebestreben

     ein hohes Maß an Außenorientierung – der Wunsch es immer allen recht zu machen

     Trennungsängste - frühe und aktuelle Erfahrung von unstabilen Bindungen (Trennung im Elternhaus, häufige 
  Partnerwechsel, Verlust enger Bezugspersonen)

    Erfahrung von sexuellem und emotionaler Missbrauch, bzw. von Gewalt


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Behandlung:

Als wichtigste Faktoren für eine erfolgreiche Behandlung sind immer zu nennen:

 v     Krankheitseinsicht

 v     Leidensdruck

 v     Eigeninitiative.

Wie bereits erwähnt bringen Essstörungen oftmals auch einen relativ hohen Krankheitsgewinn mit sich. Im Fall der Bulimie könnte das z.B. heißen, dass die Bulimie als eine „Freundin“ angesehen wird, die man ganz für sich alleine hat, und die einem in schwierigen Situationen beisteht. Nicht selten gehen die Essanfälle mit einem hohen Entspannungseffekt einher, z.B. nach einem stressigen Arbeitstag oder bei der Bewältigung von anderen Problemen. Vielen Frauen gelingt es mithilfe des Erbrechens über Jahre hinweg ihr Gewicht zu halten ohne Kalorien zählen zu müssen – ein gesellschaftlich erwünschter Effekt ohne auf etwas zu verzichten. Natürlich ist das für Betroffene nicht so leicht wie es hier klingt, aber es gibt durchaus viele, die sich mit Blick auf diese Vorteile mit ihrer „Krankheit“ gut arrangiert haben. Sie gehört zum Alltag dazu und es wäre schwer sie wieder loszulassen. Die möglichen körperlichen Folgeschäden werden dabei weitgehend ausgeblendet (wie es z.B. auch bei Rauchern der Fall ist).

Daher ist es sinnvoll, dass der/die Betroffene zunächst für sich ganz allein entscheidet etwas verändern zu wollen und möglichst eigenständig die eigenen Schritte einleitet sich Hilfe von außen zu suchen. Da hierfür jedoch die Hemmschwelle oft sehr hoch ist, kann es dennoch hilfreich sein Betroffene auf ihr Problem anzusprechen und Motivationsarbeit zu leisten, auch wenn man dabei auf Ablehnung und Zurückweisung stoßen kann.

Der erste Schritt kann zunächst ein offenes Gespräch mit einer vertrauten Person sein, wie z.B. Hausarzt/ärztin, Freund/in o.a. Beim ersten Mal ist es immer besonders schwierig über die eigene Problematik zu berichten. Hilfreich für diesen Schritt ist es vorher Berichte anderer Betroffenen gehört, gesehen oder gelesen zu haben, was die Sicherheit gibt mit der Problematik nicht allein zu sein, und auch nicht „verrückt“ oder „unnormal“ zu sein.

Ist der/die Betroffene bereit sich therapeutische Hilfe zu suchen gibt es ein breites Angebot an Möglichkeiten, hier eine Auswahl davon:

     Psychologische Beratungsstellen

     Spezielle Beratungsstellen für Essstörungen

     Sucht-Beratungsstellen

     Psychosoziale Beratungsstellen

     Schul- und Betriebspsychologen

     ambulante Therapie bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten 
  (Einzel- und/oder Gruppentherapie)

     Selbsthilfegruppen

     Stationäre Psychotherapie in einer Psychosomatischen Klinik

Adressenlisten gibt es u.a. auf den Internet-Seiten zu Essstörungen im Internet (geordnet nach Postzahlenbereichen):

www.ess-stoerung.de/hilfeUebersichtextra.htm  

www.bulimie.de

www.anorexie.de

www.hungrig-online.de

www.bulimie-online.de


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Literatur:

Ein gutes, knapp gefasstes Informationsheft, eine umfangreiche, erläuterte Literaturliste, sowie einen Leitfaden für Angehörige (Eltern, Freunde, Partner, auch Lehrer und Kollegen) gibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Köln heraus.

Kostenlos zu erhalten bei der BzgA, 51101 Köln


Von der BzgA gibt es auch Adressenlisten zu unterschiedlichen Schwerpunktbereichen, unter

www.bzga.de 


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Zuletzt aktualisiert am: 08. Dezember 2014 14.31 Uhr