Bulimie ist eine Form von Esstörungen, die sich in Heisshungerattacken
mit Fressanfällen äußert und mit Erbrechen endet.
Die jungen Leute verspüren ein übermäßiges Verlangen zu essen. Und stopfen deshalb
innerhalb einer kurzen Zeitspanne wahre Unmengen von Nahrung, egal welcher Art, in sich
hinein. Nach einer solchen Heisshungerattacke erfolgt ein selbst herbeigeführtes
Erbrechen. Solche Attacken können bis zu sechsmal täglich oder auch nur ein- bis zweimal
in der Woche auftreten.
Zu Beginn dieser Krankheit bemerkten wir als
Eltern nur, dass unsere Tochter begann größere Portionen zu sich zu nehmen. Nach
mehreren Wochen fiel uns weiter auf, dass sie trotz dieser Mengen an Gewicht nicht zunahm,
sondern sogar dabei noch abnahm. Die Krankheit wurde von ihr über viele Monaten immer und
immer wieder verneint: "Ich habe keine Probleme mit dem Essen, es schmeckt mir eben
und warum ich abnehme weiß ich auch nicht." Nach ca. 2 Jahren auf und ab mit dem
Gewicht sagten wir es ihr auf den Kopf zu, dass sie an Bulimie leide. Endlich gestand sie
sich diese Krankheit ein. Bereits schon längere Zeit bemerkten wir, dass unsere Toiletten
ständig verschmiert und stark verschmutzt waren und sich im ganzen Haus ein unangenehmer
Geruch ausbreitete, da unsere Tochter zu den Kranken gehört, die sich drei- bis sechsmal
täglich zum Erbrechen bringt. Die Krankheit nahm solche Ausmasse an, dass die meisten
Lebensmittel, die gestern gekauft wurden, heute nicht mehr aufzufinden waren. |
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Egal
ob es Wurst, Käse, rohe Lebensmittel, Backwaren, kalte Nudeln, kalte Suppen, Kuchenteige,
Fette aller Art usw. waren, alles wurde essbar gemacht, und in großen Mengen vertilgt.
Aus diesem Grunde sahen wir uns nun gezwungen den Großteil der Lebensmittel aus der
Küche in den Speisenkeller umzulagern und ihn unter dauerndem Verschluss zu halten
(gedacht als Schutzfunktion). Was bei unserer Tochter auf totales Unverständnis stieß.
Mittlerweile erbrach sie nicht mehr heimlich, sondern deutlich hörbar. Unsere Tochter
wurde mittlerweile immer verschlossener und zog sich von ihrem Freudenkreis und der
Familie total zurück.
Gesundheitliche und körperliche Probleme waren
nicht mehr aufzuhalten. Ausbleiben der Menstruation, Konzentrationsstörungen,
Zahnprobleme, strähnige Haare, dicke und dunkle Augenränder, ledrige Haut usw.
Streitigkeiten gehören inzwischen zur Tagesordnung. Die gesamte Familie leidet unter
dieser Krankheit. Bei jedem Essen drehen sich unsere Gedanken nur um eines: "Jetzt
steht sie auf und erbricht wieder alles".
Nach ca. 6 Jahren, inzwischen war unsere Tochter 19 Jahre alt und
hatte das Abitur gerade geschafft, begann sie auf eigenen Wunsch, um endlich aus diesem
Teufelskreis herauskommen zu wollen, eine Therapie. Der Erfolg sind ganz, ganz kleine
Schritte nach vorne verfolgt von immer wiederkehrenden Rückschlägen. Wir als Eltern
bemerken ihren verzweifelten Kampf mit sich selbst, dem ständigen Aufhören und
Weitermachen. Ihre eine Seite möchte aus dem Teufelskreis von Scham, Wut,
Erniedrigung und Verzweiflung ausbrechen, die andere Seite kann aber noch nicht
verzichten. |